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Patientinnen und Patienten bestimmen mit

Patientinnen und Patienten bestimmen mit: BIH QUEST Center fördert aktive Beteiligung in der Planung von Studien

Das Ziel von medizinischen Forschungsprojekten und klinischen Studien ist es, Menschen, die von bestimmten Krankheiten betroffen sind, zu helfen. Doch in die Planung der Projekte sind Betroffene in der Regel nicht einbezogen. Dr. Sarah Weschke, Referentin am BIH QUEST Center, erklärt, woran das liegt: „Leider fehlen für solche gemeinsamen Projekte von Forscher*innen und Patient*innen häufig die Ressourcen. Aus diesem Grund haben wir den ‚BIH QUEST Grant für Patient & Stakeholder Engagement‘ eingerichtet. Er soll diese Lücke schließen, indem er insbesondere die aktive Patient*innenbeteiligung bereits während der Planung einer Studie finanziert.“ Der Grant wurde erstmals im März 2021 öffentlich ausgeschrieben. Unter den elf Bewerbungen von Forscher*innen am BIH und an der Charité – Universitätsmedizin Berlin wählten nationale und internationale Expert*innen in einem externen Begutachtungsprozesses vier Projekte zur Förderung aus.

Projekte von sexueller Dysfunktion bis zum gesunden Altwerden in der Stadt

„Sowohl die Bewerbungen als auch die geförderten Projekte kamen aus allen medizinischen Bereichen“, berichtet Sarah Weschke, die den Grant betreute. „Sie spiegeln die vielseitige medizinische Forschung an BIH und Charité wider. Und offenbar gibt es einen großen Bedarf, die Patient*innen von Anfang an einzubeziehen.“

Die geförderten Projekte beschäftigen sich mit Patient*innenpartizipation auf den Gebieten der universitären Lehre, dem Einfluss von Stress auf die sexualle Funktion von Frauen, dem gesunden Altwerden in der Stadt und der Digitalisierung der Medizin im Zusammenhang mit seltenen Erkrankungen.

Die Projekte wurden im Dezember 2021 erfolgreich abgeschlossen, die Geförderten nutzen nun die Ergebnisse, um für die gemeinsam entwickelten Studien und Ideen Anschlussfinanzierungen zu planen. Professor Ulrich Dirnagl, Leiter des BIH QUEST Center, freut sich über den Erfolg des QUEST PSE Grant: „Die aktive Beteiligung von Patient*innen hat Projekte ermöglicht, die den Bedarf der eigentlichen Zielgruppe von Beginn an miteinbeziehen. Wir haben bereits Anfragen von Forschenden bekommen, die auf die nächste Ausschreibung warten.“

Weitere Informationen

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BIH/Berliner Institut für Gesundheitsforschung

Koordinierte Begleitforschung zu den Maßnahmen gegen die Corona-Pandemie gefordert

Das BIH QUEST Center fordert gemeinsam mit dem Netzwerk Evidenzbasierte Medizin e.V. und der Akademie für Ethik in der Medizin e. V. (AEM), möglichst schnell und transparent zu klären, ob die Maßnahmen zur Eindämmung der Sars-CoV-2-Pandemie wie Schulschließungen oder Kontaktsperren die erwünschte Wirksamkeit zeigen und zugleich die zahlreichen gesundheitlichen, sozialen und wirtschaftlichen „Nebenwirkungen“ rechtfertigen. Die Partner starten einen Aufruf, in einer „COVID-19-Evidenz“-Taskforce darüber zu diskutieren, wie eine professionelle Priorisierung, Koordinierung und Kommunikation der Forschung über die getroffenen Maßnahmen erfolgen könnte. Ihren Aufruf haben die Wissenschaftler*innen hier veröffentlicht. 

„Ich sehe es als meine Aufgabe als Bioethiker, die Konsequenzen öffentlichen Handelns für die Gesellschaft zu erforschen“, sagt Professor Daniel Strech, stellvertretender Direktor des BIH QUEST Center. Gemeinsam mit Kolleg*innen des Netzwerk Evidenzbasierte Medizin e.V. und der Akademie für Ethik in der Medizin e. V. (AEM) startet er deshalb einen Aufruf an Vertreter*innen der verschiedenen sozial-, wirtschafts- und gesundheitswissenschaftlichen Fachrichtungen, sich dazu auszutauschen, wie die Wirksamkeit und der Schaden der eingeleiteten Maßnahmen wie Schulschließungen, Öffnungsverbote von öffentlichen Einrichtungen und Geschäften oder Kontaktsperren, den sogenannten Nicht-Pharmakologischen Interventionen (NPI), schnell und ausreichend aussagekräftig erforscht werden können.

Kohortenstudien zur bevölkerungsweiten Infektionsrate

„Bei den Grippewellen rechnen wir in Deutschland jährlich mit tausenden Krankenhauseinweisungen und mit hunderten bis zu vielen tausenden Todesfällen, aber haben keine Impfpflicht für das Gesundheitspersonal. Was macht das neue Sars-CoV-2-Virus so besonders, dass wir solch drastische Einschränkungen verordnen und hinnehmen?“ fragt Daniel Strech. „Wir sollten mit besonders hoher Priorität klären, ob die eingeleiteten Maßnahmen ausreichend wirksam sind, um die Ausbreitung des Virus in der erhofften Form einzudämmen. Gleichzeitig müssen wir untersuchen, welche Schäden durch sie entstehen: Wie viele pflegebedürftige, alte Menschen leben nun isoliert in Pflegeheimen ohne Begleitung ihrer Angehörigen oder in der Häuslichkeit ohne Fürsorge einer ausländischen Betreuungskraft? Wie viele Menschen erleiden gesundheitlichen Schaden, weil sie nicht operiert werden? Wie ist das Familienleben beeinträchtigt? Wie viele Unternehmerinnen oder Unternehmer verzweifeln an ihrer Insolvenz? Hierzu benötigen wir medizinische und sozialwissenschaftliche Begleitforschung.“

Zusätzlich zu den kontinuierlich aktualisierten Zahlen für bestätigte Infektionen und Todesfälle könnten Kohortenstudien zur Untersuchung der bevölkerungsweiten Infektionsrate auch in symptomfreien Personen hilfreich sein. Diese Kohortenstudien liefern unter anderem auch Daten dazu, wie wirksam die Maßnahmen über die Zeit sind und wann ein guter Zeitpunkt ist, sie zu beenden.

Koordinierung der am dringendsten benötigten Forschung

Die Wissenschaftler*innen fordern, dass sich eine Covid-19-Taskforce schnellstmöglich bildet und darüber verständigt, welche Daten mit welcher Priorität und welcher Qualität zum Thema COVID-19 benötigt werden. Die Taskforce sollte neben einer Priorisierung auch die Koordinierung und Finanzierung der am dringendsten benötigten Forschung übernehmen. Weiterhin empfehlen die Wissenschaftler*innen, die Gesellschaft über diese Aktivitäten und die resultierenden Ergebnisse wissenschaftsbasiert, verständlich und objektiv zu informieren.

„Die Erfahrungen und die Ergebnisse einer nationalen Taskforce „COVID-19-Evidenz“ sind nicht nur für die aktuelle Pandemie relevant“, macht Daniel Strech klar. „Vielmehr ermöglichen sie langfristige Planungen für mögliche zukünftige Notfallsituationen.“

(Quelle: PM BIH vom 25. 03. 2020