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Neuer PI stärkt Austausch zwischen MDC und Charité

Das MDC begrüßt einen neuen Gast: Dr. Michael Sigal, klinischer Wissenschaftler und Arzt an der Charité – Universitätsmedizin Berlin, untersucht, welchen Einfluss Stammzellen auf Magen-Darm-Erkrankungen und Krebs haben. Am MDC möchte er die Darmwand auf Einzelzellebene erforschen.

Schon als Medizinstudent war Dr. Michael Sigal begeistert von den Mechanismen des menschlichen Körpers, die ihn so präzise regulieren wie eine perfekt eingestellte Maschine.

„Ich wollte nicht nur Arzt sein, der Patientinnen und Patienten behandelt“, erinnert sich Sigal, der heute als Oberarzt an der Charité mit Schwerpunkt Gastroenterologie arbeitet. „Schon immer wollte ich verstehen, wie die Dinge funktionieren und welche Mechanismen sie beeinträchtigen.“

Sigal startet die Nachwuchsgruppe „Gastrointestinale Barriere, Regeneration und Karzinogenese“ am Berliner Institut für Medizinische Systembiologie (BIMSB), das zum Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin in der Helmholtz-Gemeinschaft (MDC) gehört. Die Stelle an der Charité behält er bei, in den Laboren des MDC wird Sigal als Gast-Wissenschaftler eng mit den MDC-Teams zusammenarbeiten.

Meister der Regeneration: das Epithel

Sigal untersucht das Epithel des Gastrointestinaltrakts (GI): Zellen, die Magen und Darm auskleiden und eine wichtige Barriere zwischen unserem Körper und der Außenwelt bilden. „Das Darmepithel hat eine unglaubliche Regenerationsfähigkeit“, sagt Sigal. „Jede Woche werden etwa 300 Gramm Epithelzellen ausgeschieden und von den Stammzellen ersetzt. Das ist die höchste Umsatzrate aller Gewebe im menschlichen Körper.“

Ihn interessiert besonders, wie dieser Regenerationsprozess funktioniert. Wie kann das Zusammenspiel zwischen normalem Mikrobiom und infektiösen Bakterien zur Regeneration beitragen, diesen Prozess stören und letztlich entzündliche Darmerkrankungen und Krebs auslösen? „Jede gastrointestinale Erkrankung des Magens und des Darms ist auch eine Erkrankung des Epithels“, sagt Sigal.

Einige überraschende Ergebnisse hat er bereits gefunden.

Querschnitt durch die Magenschleimhaut (Mausmodell): Helicobacter-pylori-Bakterien (grün) besiedeln die Vertiefungen der Magendrüsen. Die Kerne der Schleimhautzellen sind blau, ihr Zellskelett rot angefärbt.
© Michael Sigal, Charité

Während eines zweijährigen Forschungsaufenthaltes an der Stanford University erforschte er das Bakterium Helicobacter pylori, das etwa 50 Prozent aller Menschen weltweit im Magen tragen. Er und seine Kolleg*innen entdeckten, dass diese Bakterien direkt mit den epithelialen Stammzellen des Magens interagieren. Das kann zur Fehlregulation dieser Zellen und schließlich zur Entwicklung von Magenerkrankungen führen.

Arzt und Wissenschaftler

Als „Clinician Scientist“, bis vor kurzem im Rahmen eines dreijährigen Programms des BIH und Charité gefördert, teilt Sigal seine Arbeitszeit zwischen Klinik und Grundlagenforschung auf. Er betrachtet diese doppelte Perspektive als klaren Vorteil für beide Bereiche. Als Arzt sieht er umgehend, welche Herausforderungen es zu bewältigen gilt. „In der Klinik gibt es so vieles, was wir nicht genau verstehen“, sagt er. „Warum treten Krankheiten auf? Warum sprechen manche Patientinnen und Patienten auf Medikamente an, andere dagegen nicht?“ Als qualifizierter Wissenschaftler bringt er diese Fragen ins Labor. Die Erkenntnisse aus der Grundlagenforschung können im Idealfall zu einer neuen wirksameren Behandlung der Patient*innen führen.

Eine wichtige Verbindung

Im Jahr 2019 erhielt Sigal im Emmy Noether-Programm der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG ) Fördermittel für die eigenverantwortliche Leitung einer Nachwuchsgruppe. Der offizielle Arbeitsplatz der Gruppe ist die Charité, doch er und sein sechsköpfiges Team nutzen ab jetzt auch Laborräume im BIMSB des MDC – direkt gegenüber der Charité in Berlin-Mitte.

Nun will er seine Arbeit auf einer neuen Ebene fortführen. Am BIMSB will er erforschen, wie Zellen miteinander kommunizieren. Er profitiert dabei von der Ausstattung und dem Know-how zu Einzelzellanalysen und zellulärer Kommunikation, die in räumlicher Auflösung untersucht werden kann, sowie von einzigartiger Expertise in der Bioinformatik. „So gewinnen wir viel tiefere Einblicke in die Funktionsweise des Epithels“, sagt Sigal. „Das BIMSB ist der ideale Ort hierfür, denn viele Gruppen dort befassen sich mit der Zellregulation. Sie setzen Werkzeuge ein, die eine Auflösung der Vorgänge auf Einzelzellebene erlauben, die bisher so nicht möglich war und nur an wenigen Orten weltweit auf einem so hohen Niveau praktiziert wird.”

Sigal hofft, dass die Erforschung des Magen-Darm-Epithels und seine klinische Perspektive auch für andere Teams am MDC von Interesse und Nutzen sein werden. So ist der Gastrointestinaltrakt beispielsweise gut dafür geeignet, die Entstehung von Krankheiten zu untersuchen, lange bevor sie sich zu einem späteren Zeitpunkt zu Krebs entwickeln. „Ich denke, wir können viel voneinander lernen“, sagt er und fügt hinzu: „Wahre Innovationen entstehen durch interdisziplinäre Arbeit“.

Ort der Begegnung

Sigal ist ein großer Befürworter einer verstärkten Zusammenarbeit zwischen den beiden Institutionen. Er ist überzeugt, dass der bloße Aufenthalt im selben Gebäude zu überraschenden Diskussionen und neuen Ideen führen wird. Die Kooperation zwischen dem MDC und der Charité, findet er, soll nur ein Beispiel von vielen sein, wie die Stadt die Kultur eines offenen wissenschaftlichen Austausches fördert.

Text: Laura Petersen

Quelle: PM MDC vom 24. 08. 2020

MDC Berlin, Campus Berlin-Buch

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