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„Wir sehen im Zeitverlauf, wie es den Menschen geht“

Bis zu zwölf Menschen kommen jeden Tag ins Studienzentrum Berlin-Nord der NAKO Gesundheitsstudie und lassen sich von Kopf bis Fuß vermessen. Nun konnten Tobias Pischon vom Max Delbrück Center und sein Team den 5555. Teilnehmer begrüßen. Der Forscher erklärt, warum die Daten so wichtig sind.

Als die Untersucherin ihren Gast Marcus Grosse am Mittag aus einem Nebenraum ins Foyer holt, ist er bereits seit 7:45 Uhr im Studienzentrum Berlin-Nord der NAKO. Der 38-Jährige ist zum zweiten Mal hier, hat sich für den Tag am Max Delbrück Center in Buch extra freigenommen. Das Forschungsteam sammelt „Bioproben“ wie Blut und Speichel und vermisst Marcus Grosse von oben bis unten: Sind die Bronchien entzündet und atmet er deshalb vielleicht mehr Stickstoff aus? Was machen der Blutdruck und das Herz? Die Augen und die Zähne? Wie fest können seine Hände zugreifen? Wo sitzt das Fett im Körper? Wie fit sind Körper und Geist? Befragungen wechseln sich ab mit Untersuchungen, wie man sie aus Facharztpraxen kennt. „Ich mache gern mit“, sagt Grosse. „Wann wird man sonst so gründlich durchgecheckt? Noch dazu für einen guten Zweck!“

Copyright: Felix Petermann, MDC

Seit 2014 gibt es die NAKO Gesundheitsstudie, die Forscher*innen wollen Risikofaktoren für Volkskrankheiten genauer bestimmen und neue Strategien für die Früherkennung und eine wirksame Vorbeugung entwickeln. Die Basisuntersuchungen an deutschlandweit rund 205.000 Proband*innen sind abgeschlossen. „Diese Datensätze und Proben stehen der Forschung inzwischen zur Verfügung“, sagt Professor Tobias Pischon, der Leiter der Arbeitsgruppe „Molekulare Epidemiologie“ am Max Delbrück Center und Mitglied im Vorstand der NAKO. Zur zweiten Runde kommen nun bis zu zwölf Menschen pro Tag ins Studienzentrum Berlin-Nord, und das bis April 2024.

Stück für Stück scannt das MRT den ganzen Körper

Marcus Grosse ist Proband Nummer 5555. Das gesamte Team versammelt sich für ein Foto um ihn, es gibt Blumen. „Eigentlich bin ich es, der sich bedanken sollte“, sagt er. „Sie erklären alles so gut!“ Dann muss er wieder los, zur Magnetresonanztomographie (MRT). Innerhalb einer Stunde scannt das Gerät seinen ganzen Körper Stück für Stück.

Normalerweise gehen Menschen zu ihrem Arzt oder zu ihrer Ärztin, wenn sie Beschwerden haben. Bei einer MRT-Untersuchung kann dann zum Beispiel eine Leberzyste auffallen. Dann ist die Frage: Muss man etwas tun? Oder macht die Zyste eigentlich gar nichts und jeder Eingriff wäre zu viel? Im ärztlichen Alltag fehlen oft die Referenzwerte für eine Entscheidung.

Wer an der NAKO teilnimmt, wird in Abständen immer wieder untersucht – unabhängig davon, ob die Teilnehmer*innen gesund oder krank sind. Eine dritte Untersuchungsrunde mit den Proband*innen ist bereits geplant, die Studie wird mindestens bis 2028 fortgesetzt. „Das gibt uns die Chance, subklinische Phänotypen systematisch zu beobachten, also Abweichungen, die keine Symptome verursachen“, sagt Pischon. „Wir sehen im Zeitverlauf, wie es den Menschen ergeht: ob sich so eine Zyste zum Beispiel von allein zurückbildet. Das ist unsere Stärke.“ Eine vergleichbare Bevölkerungsstudie habe es in Deutschland noch nie gegeben.

Text: jas

Quelle: MDC/News vom 25 05. 2023

NAKO Gesundheitsstudie Studienzentrum Berlin-Nord