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Im Portrait | Gen- und Zelltherapie: Da tut sich was

In Berliner Forschungseinrichtungen wird durch exzellente Forschung immer wieder die Basis für medizinische Produkte und Behandlungsmethoden gelegt, die die Gesundheitsversorgung verbessern und deshalb ein großes Marktpotential haben. Eine Chance sich am Markt zu beweisen, ist die Ausgründung. Vier solcher Unternehmen aus dem Bereich Gen- und Zelltherapie, die in den vergangenen zwei Jahren gegründet wurden, stellen wir hier vor.

Wegweisende Grundlagenforschung in der Medizin und Biotechnologie in Berliner Forschungseinrichtungen ebnet oft den Weg für innovative Behandlungsmethoden und neue Medikamente, die es ermöglichen Krankheiten besser zu therapieren. Für die Translation ist die Ausgründung von Spin-offs, die ein neues Produkt bzw. eine Therapie aus den Ergebnissen entwickeln, essenziell. Die folgenden vier Unternehmen haben diesen Weg in den vergangenen zwei Jahren begonnen.

EpiBlok: Charité-Ausgründung gegen das „Gewitter im Kopf“

Eine neue Therapie, die das „Gewitter im Kopf“ – also epileptische Anfälle – schon beim Entstehen verhindert, will die EpiBlok Therapeutics GmbH zur Marktreife bringen. Das Unternehmen wurde 2022 aus der Charité – Universitätsmedizin Berlin und der Medizinischen Universität Innsbruck gegründet. Die Idee: Da bei der fokalen Epilepsie – diese ist auf bestimmte Bereiche des Gehirns begrenzt – oft die Konzentration des Eiweißstoffes Dynorphin zu niedrig ist, soll das Dynorphin-Gen mithilfe eines Genvektors in die betroffenen Nervenzellen eingeschleust werden. Die Zellen sollen daraufhin das Dynorphin-Peptid produzieren, speichern und zu Beginn eines epileptischen Anfalls ausschütten – um diesen zu verhindern.

Gegründet wurde EpiBlock von der Professorin Regine Heilbronn, Leiterin der Arbeitsgruppe Gentherapie an der Klinik für Neurologie der Charité sowie Professor Christoph Schwarzer, Neuropharmakologe an der Medizinischen Universität Innsbruck. Mit ihrer Idee gehörten sie 2021 zu den Gewinnern des Science4Life Venture Cup. Unterstützung bei der Gründung erhielten die beiden und ihr Team unter anderem der SPARK-Initiative des Berliner Instituts für Gesundheitsforschung (BIH) an der Charité. Für die präklinischen Studien erhielt das Projektteam bereits eine Förderung in Höhe von 3,3 Millionen Euro über das GO-Bio-Programm des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF). Regine Heilbronn blickt deshalb optimistisch auf die nächsten Schritte: „EpiBlok ist es mithilfe der GO-Bio-Förderung gelungen

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, das Vektordesign zu optimieren und das finale Vektorformat zu validieren. Die nächsten Schritte umfassen Dosisfindung, GMP-Produktion, Biodistribution und Toxikologie sowie weitere zulassungsrelevante Untersuchungen für die erste klinische Studie.“

CARTemis: Immuntherapie gegen Tumorzellen

2023 gegründet, möchte die CARTemis Therapeutics GmbH mit einer Zelltherapie Krebspatient:innen helfen, die bislang als untherapierbar gelten. Zum Einsatz sollen dabei sogenannten CAR-T-Zellen kommen. Dabei werden Immunzellen (T-Zellen) der Erkrankten im Labor mit einem chimären Antigenrezeptor (CAR) ausgestattet – einem kleinen Fühler, der Zellen abtastet und nach spezifischen Eigenschaften von Krebszellen sucht. Zurück im Körper, spüren sie das Antigen auf, auf das sie ausgerichtet sind, und töten die Tumorzellen ab. Drei solcher Zellprodukte für eine CAR-T-Zelltherapie wurden am Max Delbrück Center entwickelt. Zwei davon werden demnächst erstmals im Menschen getestet; das dritte befindet sich im fortgeschrittenen experimentellen Stadium.

Mir ihrer Ausgründung wollen Priv. Doz. Dr. Uta Höpken und Dr. Armin Rehm vom Max Delbrück Center die drei Therapie-Kandidaten bis zur Medikamentenzulassung bringen. Mit an Bord sind auch Dr. Anthea Wirges und Dr. Mario Bunse – wissenschaftliche Mitarbeitende der beiden Arbeitsgruppen, welche die präklinische Entwicklung der CAR-T-Zellkandidaten entscheidend mit vorangetrieben haben. „Erste Schritte in die unternehmerische Tätigkeit wurden durch das Ausgründungsprogramm Helmholtz Enterprise ermöglicht. Darüber hinaus wurde das Team gerade in das Creative Destruction Lab (CDL) – neu gegründet an der ESMT Berlin in 2022 – aufgenommen. Das CDL wird CARTemis in den nächsten Wochen und Monaten intensiv mit ausgewählten Unternehmer:innen und Investor:innen beim Aufbau des Start-ups und dem Einwerben von Investments unterstützen“, sagt Uta Höpken. Auch Geschäftsführerin Anthea Wirges erklärt, dass nun das „Schaulaufen bei Investoren begonnen“ habe. Das Start-up brauche Venture-Kapital, um die Lizenzen vom Max Delbrück Center zu erwerben, die Phase-II-Studien für ihre CARs vorzubereiten und ihren CAR-Verstärker weiterzuentwickeln.

MyoPax: Mit einer innovativen Stammzelltherapietechnologie die Muskelfunktion bei Kindern wiederherstellen

Kindern, bei denen der Blasenschließmuskel von Geburt an unvollständig ausgebildet ist, wollen Berliner Wissenschaftler und das neue Start-up MyoPax helfen. Dafür soll eine neuartige regenerative Therapie entwickelt werden. Die innovative Muskelstammzelltechnologie beruht auf der jahrelangen Forschungsarbeit von Professorin Simone Spuler und ihrer Arbeitsgruppe „Myologie“ am Experimental and Clinical Research Center (ECRC), die wiederum eine gemeinsame Einrichtung des Max-Delbrück-Centrums und der Charité ist. Die erste klinische Studie, die das Bundesforschungsministerium und die ForTra GmbH der Else-Kröner-Fresenius-Stiftung finanzieren, wird im Herbst unter dem Sponsor Charité starten.

Eine Stammzelltherapie soll helfen, den Blasenschließmuskel langfristig aufzubauen und damit erstmals den Kindern Kontinenz zu ermöglichen. Um die Entwicklung vom Labor in die Klinik möglich zu machen, hat das Max-Delbrück-Centrum die Entwicklung des Projekts in seinem EFRE-geförderten Pharma-Inkubator mit den Programmen PreGoBio und SPOT vorangetrieben. Beschleunigt wurde die Ausgründung auch durch das BIH mittels der Aufnahme in sein Spark-Programm und die Finanzierung der präklinischen Validierungsarbeiten.

Im vergangenen Jahr gründete Professorin Simone Spuler dann gemeinsam mit der Ärztin Dr. Verena Schöwel-Wolf das Unternehmen MyoPax aus dem Max-Delbrück-Centrum und der Charité – Universitätsmedizin Berlin aus. Die Stiftung BioInnovation Institute (BII) in Kopenhagen, Dänemark, hat in MyoPax eine Anfangsinvestition von 1,3 Millionen Euro getätigt „Von Muskelkrankheiten sind über 20 Millionen EU Bürger betroffen, in den meisten Fällen gibt es bis heute keine ausreichenden Therapiemöglichkeiten. Muskelkraft ist aber mehr als essentiell – um greifen, schlucken, lachen oder atmen zu können“, erklärt Verena Schöwel-Wolf. MyoPax führt die Stammzelltherapieentwicklung für verschiedene Muskelkrankheiten deshalb zielgerichtet weiter. Durch die kürzliche Zuerkennung als „Orphan Drug Designation“ (ODD) und der „Rare Pediatric Disease Designation“ (RPDD), hat MyoPax auch Unterstützung durch die US-amerikanische Zulassungsbehörde erfahren. Das wiederum bietet dem Unternehmen viele regulatorische und finanzielle Vorteile, unter anderem beschleunigte Zulassungsverfahren und spätere Marktexklusivität.

Capitain T Cell: Krebstherapie der Zukunft

Das Start-up Captain T Cell setzt ähnlich wie CARTemis im Kampf gegen Krebs auf die T-Zelltherapie. Das Gründerteam um Dr. Felix Lorenz vom Max Delbrück Center (MDC) konzentriert sich hierbei auf die Entwicklung einer neuen Generation von Immunzelltherapien für Patienten mit Tumoren, die auf keine andere Therapie mehr ansprechen. Captain T Cell stattet für die Zelltherapie die T-Zellen des Immunsystems mit neuen Rezeptorproteinen aus. Die genetisch veränderten T-Zellen erkennen dann mit den neuen Rezeptoren die Tumorzellen im Körper und zerstören diese.

Hierzu hat das Team eine Toolbox an neuartigen Technologien etabliert, welche die Entwicklung besonders wirkungsvoller Therapien ermöglicht. Zuletzt wurden vielversprechende Daten bei der Entwicklung sogenannter off-the-shelf T-Zelltherapien erzielt. Dabei kann ein T-Zellprodukt bei einer Vielzahl unterschiedlicher Patienten angewendet werden.

Auf dem Weg zur Gründung wurde Captain T Cell unter anderem von der Gründungsoffensive Biotechnologie (GO-Bio) des Bundesministeriums für Bildung und Forschung unterstützt. Auch das Technologietransfer-Büro des MDC und die SPARK-Initiative des BIH zählen zu den Unterstützern.

Felix Lorenz sagt: „Arzneimittel zu entwickeln ist mit hohen Kosten verbunden, und gerade die klinische Entwicklung von Zell- und Gentherapien kann mit Forschungsförderungen allein nicht mehr gestemmt werden. Nach erfolgreicher präklinischer Entwicklung ist es deshalb oft notwendig, die weitere klinische Entwicklung in die Hände eines Startups zu legen, das die Möglichkeit hat, Wagniskapital (Venture Capital) einzuwerben. Nachdem unser Team die Möglichkeit hatte, am MDC die Grundlagen für die Entwicklung einer neuen Generation an wirksamkeitsverbesserten T-Zelltherapien für Krebspatienten im Spätstadium zu legen, werden wir nun innerhalb der Captain T Cell GmbH die weitere Entwicklung Richtung Klinik fortführen.“

Vertreter:innen aller hier vorgestellten Unternehmen außer Cartemis werden am 23. November auch Gäste beim RegMed Forum auf dem Campus Virchow-Klinikum sein.

Weiterführende Links

Quelle: Health Capital/News

Schnellstart für neue Muskeltherapie

Die Stammzelltherapie von MyoPax, einer Ausgründung aus dem Max Delbrück Center und der Charité, könnte mit einem beschleunigten Zulassungsverfahren schon bald Kindern mit bislang unheilbaren Muskelkrankheiten helfen. Die dafür notwendige klinische Studie startet im Herbst.

Um Therapien für seltene Muskelkrankheiten von Kindern schneller auf den Markt zu bringen, bekommt das Berliner Start-up MyoPax – eine Ausgründung aus dem Max Delbrück Center und der Charité – Universitätsmedizin Berlin – nun Unterstützung der US-amerikanischen Zulassungsbehörde. Die Zuerkennung der „Orphan Drug Designation“ (ODD) und der “Rare Pediatric Disease Designation“ (RPDD) bietet dem Unternehmen viele regulatorische und finanzielle Vorteile, unter anderem beschleunigte Zulassungsverfahren und spätere Marktexklusivität.

Zunächst müssen die Forschenden ihren neuen Therapieansatz unter Schirmherrschaft der Charité erstmals in einer klinischen Studie erproben. Das Bundesforschungsministerium und die ForTra GmbH der Else-Kröner-Fresenius-Stiftung finanzieren die Studie, die im Herbst mit den ersten Patienten startet und vor 2026 abgeschlossen sein soll.

Das Ergebnis jahrelanger Forschungsarbeit

Die innovative Muskelstammzelltechnologie, die von der US-amerikanischen Food and Drug Administration (FDA) ausgewählt wurde, beruht auf jahrelanger Forschungsarbeit von Professorin Simone Spuler und ihrer Arbeitsgruppe „Myologie“ am Experimental and Clinical Research Center (ECRC), einer gemeinsamen Einrichtung des Max Delbrück Center und der Charité. Im vergangenen Jahr hat Simone Spuler gemeinsam mit Dr. Verena Schöwel-Wolf MyoPax gegründet. Ihr Ziel: Therapien für lokale Muskeldefekte, akuten Muskelschwund und genetisch bedingte Muskeldystrophien entwickeln, die bisher nicht heilbar oder nicht ausreichend behandelbar sind.

Mit ihrer Stammzelltherapie will das Team Kindern helfen, die an dem Ekstrophie-Epispadie-Komplex (EEC) leiden. Dabei handelt es sich um ein seltenes angeborenes Krankheitsspektrum, bei dem die Blase nicht hohl ist, sondern als Platte offen an der Bauchwand liegt. Neben Bauchmuskulatur, Beckenknochen, Harnröhre und äußeren Genitalien ist auch der Blasenschließmuskel nur unvollständig ausgebildet. Dieser Muskeldefekt beruht auf einer verzögerten Zellmigration in der embryonalen Entwicklung und bewirkt eine lebenslange Inkontinenz. Etwa eins von 11.000 Kindern kommt damit auf die Welt. Die Fehlbildungen werden chirurgisch korrigiert. Häufig sind weitere Eingriffe erforderlich, um die Blasenfunktion zu verbessern. Mithilfe der neuen Stammzelltherapie ist es möglich, den Blasenschließmuskel langfristig wiederaufzubauen.

„Die Anerkennung der FDA ist ein wichtiger Meilenstein für unsere Arbeit“, sagt Simone Spuler. „Sie bestätigt, dass in unserem neuen Therapieansatz das Potenzial steckt, das Leben von jungen Patienten mit EEC und anderen Muskelerkrankungen sowie ihrer Eltern zu verbessern.“

Mit ihrer zweiten Firma MyoPax Denmark ApS hat Spuler die Aufnahme in den Inkubator der Stiftung BioInnovation Institute (BII) in Kopenhagen geschafft, die dem Unternehmen finanziell und strategisch hilft, im internationalen Wettbewerb mithalten zu können. Mittlerweile plant MyoPaxvin die USA zu expandieren.

Text: Jana Ehrhardt-Joswig

Myopax

Quelle: PM des MDC vom 26. 07. 2023

Das MDC beim Salon Sophie Charlotte in Berlin

Pandemie, Klimakrise und Krieg machen die Fragilität des Lebens deutlich erlebbar. Zugleich mobilisieren wir ungeahnte Kräfte, um neue Formen zu finden, die das Leben – immer noch – lebenswert machen. „still, LIFE IS LIFE“ ist deshalb der Salon Sophie Charlotte 2022 überschrieben. Am Abend des 21. Mai 2022, von 18:00 bis 24:00 Uhr, lädt die Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW) dazu ein, Fragen nach der Lebensvermessung und -gestaltung zu diskutieren. 

Das Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin in der Helmholtz-Gemeinschaft (MDC) ist zum ersten Mal beim Salon Sophie Charlotte dabei. Im ersten Obergeschoss der BBAW, Raum 3, bietet das Centrum zwei Perspektiven auf die Möglichkeiten, die uns die Editierung des Erbguts mit CRISPR eröffnet: die der Künstlerin Emilia Tikka und die der Forscherin und Ärztin Simone Spuler. 

ÆON – Trajectories of Longevity and CRISPR

Als Artist in Residence konnte Emilia Tikka 2018 in den Laboren des MDC erleben und selbst ausprobieren, was CRISPR bereits kann. Basierend auf dieser Erfahrung hat die Finnin mit ihrem Werk „ÆON – Trajectories of Longevity and CRISPR“ ein spekulatives Szenario einer möglichen Zukunft entworfen: 

Ein Mann, eine Frau. Ein Liebespaar. Er ist jung, und er wird es bleiben. Dank CRISPR/dCas9. Sie hingegen wird alt, hat sich bewusst gegen ewige Jugend entschieden. Und Sie? Was würden Sie tun: inhalieren und die Unsterblichkeit wählen? Emilia Tikka möchte mit ÆON zum Nachdenken über eine mögliche Zukunft anregen. Ab 19:30 Uhr diskutiert sie mit den Salon-Gästen, Teile des Kunstwerks sind ab 18:00 Uhr im Raum zu sehen. 

Vom Verstehen und Verändern: Die Zukunft der Genomforschung

Für die Patient*innen mit genetisch bedingten Muskelerkrankungen geht es nicht um ewige Jugend. Professorin Simone Spuler will sie vor dem Verfall ihres Muskelgewebes bewahren – oder dieses sogar reparieren. Für Krankheiten, die bisher als unheilbar galten, könnte es künftig dank Stammzellen und CRISPR/Cas9 zumindest Linderung geben. 

Simone Spuler forscht am Experimental and Clinical Research Center, einer gemeinsamen Einrichtung des MDC und der Charité – Universitätsmedizin Berlin in Berlin-Buch. Das Team um die Medizinerin betreut in einer Hochschulambulanz etwa 2000 Patient*innen. Gleichzeitig leitet Spuler die Arbeitsgruppe „Myologie“ und legt dort die Grundlagen für erste Therapieansätze. Sie weiß, dass Gentherapien nicht nur Hoffnungen machen, sondern auch Ängste auslösen. In ihrem Vortrag diskutiert sie ab 21:00 Uhr daher unter anderem die technischen und ethischen Grenzen und will mit den Salon-Gästen ins Gespräch kommen. 

Quiz: Schnipp, schnapp – das Gen ist ab

Sie kennen die Genschere CRISPR und haben die Kontroversen in den vergangenen Jahren verfolgt?

© Karoline Knop, MDC

Mit dem Quiz „Schnipp, schnapp – das Gen ist ab“ versucht das MDC dennoch, die Salon-Besucher*innen aufs Glatteis zu führen. Auf zehn Quizkarten können sie im Ausstellungsraum 3 ihr Wissen testen und herausfinden, was heute schon mit CRISPR möglich ist, was möglich werden könnte und was Fantasie ist und bleibt.

Für immer jung – für immer gesund? 

21. Mai 2022, 18 bis 24 Uhr beim Salon Sophie Charlotte

Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW)

Markgrafenstraße 38, 10117 Berlin

Erstes Obergeschoss, Raum 3

Anmeldung hier 

Weiterführende Informationen

Salon Sophie Charlotte 2022 „still, LIFE IS LIFE“ (Anmeldung erforderlich)

Porträt von Simone Spuler: „Die Muskelretterin

Über das Projekt von Emilia Tikka: „Für immer jung?“

Quelle: PM des MDC vom 16. Mai/Jana Schlütter

Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin

 

ERC zeichnet zukunftsweisende Ideen aus

Beide erforschen Kommunikation – auf unterschiedlichen Ebenen: Dr. Stefanie Grosswendt und Dr. Alison Barker erhalten Starting Grants des Europäischen Forschungsrates ERC. Die begehrte Auszeichnung ist mit einer Förderung in Höhe von etwa 1,5 Millionen Euro über fünf Jahre verbunden.

Copyright: Felix Petermann, MDC

Mit den ERC Starting Grants bekommen die erst 2021 etablierten Labore der Nachwuchsforscherinnen Stefanie Grosswendt und Alison Barker einen Schub: Sie können ihre Gruppen ausbauen und mit mehr Mitteln ihre Ideen verfolgen. Die Gutachter*innen des Europäischen Forschungsrates suchen nach ungewöhnlichen Ansätzen, die – sofern sie funktionieren – Türen aufstoßen und erheblichen Fortschritt ermöglichen können („high risk, high reward“). Die Kandidat*innen müssen außerdem seit ihrer Promotion zwei bis sieben Jahre Erfahrung gesammelt haben und vielversprechende wissenschaftliche Erfolge vorweisen können. In diesem Jahr erhalten 397 europäische Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler unterschiedlichster Fachrichtungen ERC Starting Grants.

Dr. Stefanie Grosswendt leitet eine BIH-Nachwuchsgruppe, die zum gemeinsamen Fokusbereich „Single-Cell-Ansätze für die Personalisierte Medizin“ des Berlin Institute of Health in der Charité (BIH), der Charité – Universitätsmedizin Berlin und des Max-Delbrück-Centrums für Molekulare Medizin in der Helmholtz-Gemeinschaft (MDC) gehört. Ihr Labor ist ko-affiliiert mit der Klinik für Pädiatrie mit Schwerpunkt Onkologie und Hämatologie der Charité unter Leitung von Frau Professorin Angelika Eggert der Charité und am Berliner Institut für Medizinische Systembiologie (BIMSB) des MDC angesiedelt. In ihrem Projekt „Cellmates“ will Stefanie Grosswendt untersuchen, welche Zellen Nachbarn im Gewebe sind, wie genau sie Informationen austauschen und welche Konsequenzen sich daraus ergeben.

Dr. Alison Barker war Postdoktorandin in der Gruppe von Professor Gary Lewin am MDC. Seit Dezember 2021 leitet sie ihre eigene Forschungsgruppe am Max-Planck-Institut für Hirnforschung in Frankfurt am Main. Ihr Projekt trägt den Titel „Softchirp“, angelehnt an das Begrüßungszwitschern der Nacktmulle. Sie interessiert sich dafür, wie neuronale Schaltkreise die damit verbundenen Informationen verarbeiten und wie solche Laute dazu beitragen, dass sich soziale Einheiten organisieren.

Wer soll ich werden und wo soll ich hin?

Wie wandelbar Zellen sind, ist während der Entwicklung eines Embryos offensichtlich. Nach und nach bildet sich aus einer befruchteten Eizelle ein ganzer Organismus. „Aber dazu muss jede einzelne Zelle erst einmal wissen, was sie werden soll und zum Teil auch wohin sie eigentlich noch wandern muss“, sagt Stefanie Grosswendt. „Deshalb bekommt eine Zelle immer wieder Signale aus ihrer unmittelbaren Umgebung – wir wollen dieses Zusammenspiel entziffern und verstehen, wie es dazu beiträgt, dass sich Zellen spezialisieren und so ihren Weg finden.“

Diesen fein austarierten Prozess analysiert die Nachwuchsforscherin anhand von Zellen der Neuralleiste von Mäuseembryonen. Diese Zellen sind zunächst multipotent; sie entwickeln sich dann in ganz unterschiedliche Zelltypen, von Pigmentzellen der Haut über Knorpelelemente des Kiefers bis hin zum Nebennierenmark. Geht etwas schief, können bereits vor der Geburt zum Beispiel Krebszellen des Neuroblastoms entstehen.

„Bisher wissen wir nicht, wie komplex die Wechselwirkungen zwischen Zellen sein können und welche Auswirkungen das jeweils auf das Zellschicksal hat“, sagt Grosswendt. Sie will daher die Technologien der Einzelzellanalyse so weiterentwickeln, dass man benachbarte Zellen im Gewebe präzise identifizieren und gleichzeitig ermitteln kann, welche Signale sie sich senden und wie sie dadurch gegenseitig ihre Eigenschaften beeinflussen.

Enormes Potenzial für die medizinische Forschung

„Ein und dasselbe Signal kann unterschiedliche Antworten auslösen, je nach Zelltyp“, sagt Grosswendt. Die Zellen lesen danach andere Gene ab als zuvor, ändern mitunter sogar ihre Identität. „Diese Prinzipien der Zellkommunikation kommen nicht nur während der Entwicklung oder im gesunden Gewebe zum Tragen. Die Zellen innerhalb eines Tumors beeinflussen sich ebenfalls gegenseitig. Das kann die Genaktivität einiger Krebszellen so verändern, dass sie schwerer zu therapieren sind.“

Substanzielles Potenzial für die medizinische Forschung sahen auch die ERC-Gutachter*innen. „Das hat mich besonders gefreut, dass sie unseren wissenschaftlichen Ansatz ebenso spannend fanden wie unsere Gruppe“, sagt Grosswendt. „Wir werden unsere Methoden vielfältig anwenden können: auf Modelorganismen, Organoide – also organähnliche Mikrostrukturen – und auf Proben von Patient*innen.“ Genau deshalb passen sie so gut in den gemeinsamen Fokusbereich „Single-Cell-Ansätze für die personalisierte Medizin“ von BIH und MDC. „Ich bin sehr dankbar für die Unterstützung, die ich im Vorfeld hatte – und meinen PhD-Studierenden, deren erste Datenanalysen bereits in die Bewerbung eingeflossen sind. Wir legen jetzt richtig los.“

Die Begrüßungsrufe der Nacktmulle

Auch Alison Barker freut sich sehr über die Förderung. „Wir wissen erstaunlich wenig darüber, wie soziale Informationen, die in akustischen Signalen kodiert sind, anschließend in neuronalen Netzwerken des Gehirns entschlüsselt werden“, sagt sie. Dabei hat Sprache wesentlichen Anteil daran, dass wir soziale Bindungen knüpfen und festigen können. Der Mensch kann sich außergewöhnlich gut über stimmliche Signale verständigen, doch es gibt im gesamten Tierreich viele Arten der akustischen Kommunikation.

Barker untersucht die vokale Kommunikation beim Nacktmull, einem sehr gesprächigen und äußerst sozialen Nagetier, das in großen Mehrgenerationenkolonien unter der Herrschaft eines einzigen brütenden Weibchens, der Königin, lebt. Zusätzlich zu ihrer extremen Kooperationsbereitschaft sind diese Nagetiere sehr stimmlich und verfügen über ein Repertoire von mehr als 25 verschiedenen Vokalisationen, das mit dem von nicht-menschlichen Primaten vergleichbar ist. „Nacktmulle verwenden Begrüßungsrufe, den soft chirp, um Informationen über die individuelle Identität und die Zugehörigkeit zur Kolonie auszutauschen“, sagt Barker. „Anhand dieser spezialisierten stimmlichen Signale wollen wir die zugrundeliegenden neuronalen Schaltkreise verstehen, die die soziale Erkennung ermöglichen, und wie sie diese Signale an Veränderungen in sozialen Situationen anpassen.“

Quelle: PM des MDC vom 10. 01. 2021

Experimental and Clinical Research Center (ECRC) von MDC und Charité

Weitere Informationen

Probanden gesucht

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Probanden mit Bluthochdruck für neue Studie gesucht

Ist Ihr Blutdruck entweder behandelt oder unbehandelt über 140/90? Sind Sie zwischen 50 und 75 Jahren alt? Suchen Sie nach einer alternativen Behandlung, die Ihren Blutdruck senken kann?

Dann wäre unsere HYPRO-Studie genau das richtige für Sie! Dort untersuchen wir den Einfluss eines Probiotikums (Zubereitung lebensfähiger Bakterien) auf den Blutdruck, das Darmmikrobiom und den Glucose-Stoffwechsel.

Download (PDF, 955KB)

Ausführliche Informationen


Sie wollten schon immer mal Fasten? Hier ist Ihre Gelegenheit!

Für die klinische Studie LEANER am Experimental & Clinical Research Center (ECRC) in Berlin Buch suchen wir

  • Gesunde Männer und Frauen
  • Normal- bis übergewichtig
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Untersucht werden die Effekte eines 5-Tage Buchinger-Fastens auf Stoffwechsel, Blutdruck, Darmmikrobiom, Immunsystem,  Emotionsverarbeitung und nahrungsbezogenen Belohnungsaufschub.

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  • Einen ausführlichen Gesundheits-Check
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Mehr Informationen finden Sie auf der Internetseite der Charité.

Haben wir Ihr Interesse geweckt? Dann melden Sie sich bitte bei uns.

Tel.: (030) 450 540 234 | leaner@charite.de

MDC/Probanden gesucht

Experimental and Clinical Research Center (ECRC)

Podien, Pipetten, Platzregen

Seit Ende Juni informiert die „Wissensstadt Berlin 2021“ in zahlreichen Veranstaltungen über die Forschung in der Stadt. Motto: Berlin will es wissen! Auch das MDC ist dabei, macht Wissenschaft erlebbar und diskutiert mit der Öffentlichkeit über die Medizin der Zukunft

In Berlin finden coronabedingt derzeit viele Veranstaltungen im Freien statt. Dazu gehören auch die Aktionstage bei der „Wissensstadt Berlin“ auf dem Platz vor dem Roten Rathaus, die dazu einladen, sich über Wissenschaft zu informieren und zum Beispiel bei einer Labor-Olympiade mitzumachen. Am 2. und 9. Juli war das MDC mit einem Stand vertreten. „Am zweiten Termin regnete es, und wir hatten Sorge, dass kaum jemand kommt. Aber tatsächlich standen die Leute teilweise sogar geduldig Schlange an unserem Aktionsstand, um am Wettbewerb teilzunehmen“, sagt Inga Patarčić, Doktorandin am Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC) und Mitorganisatorin der MDC-Aktionen bei „Wissensstadt Berlin“. Bei der Labor-Olympiade können die Spieler*innen Punkte in verschiedenen Disziplinen sammeln – etwa beim Abwiegen und genauen Messen oder beim Pipettieren, also dem Flüssigkeitstransport per Pipette: Wer schafft am meisten in 30 Sekunden?

© Felix Petermann, MDC

Bei der „Wissensstadt Berlin“ geht es vor allem darum, Wissenschaft erlebbar zu machen und darüber zu informieren, wie in der Stadt zu den drei großen Themen der Veranstaltung – Klima, Gesundheit, Zusammenleben – heute und in Zukunft geforscht wird. Ganz wichtig dabei: der Dialog – und der Spaß, so wie bei der Labor-Olympiade. „Wir wollen Forschung für die Menschen nahbar machen und zeigen, wie es sich anfühlt, als Wissenschaftlerin oder Wissenschaftler in einem Labor zu stehen und biomedizinische Forschung zu betreiben“, sagt Inga Patarčić. Das MDC hat neben dem Aktionsstand verschiedene Workshops organisiert, MDC-Forschende treten auf Podien auf und lassen Zuhörerinnen und Zuhörer bei „Echt oder Fake?“ darüber rätseln, was Wissenschaft vermag oder was vielleicht doch nicht wahr sein kann.

Neue Ansätze in der Medizin verstehen und darüber diskutieren

Prof. Dr. Simone Spuler
Foto: Pablo Castagnola

Professorin Simone Spuler ist Expertin für erbliche Muskelkrankheiten am Experimental and Clinical Research Center (ECRC ), einer gemeinsamen Einrichtung von Charité – Universitätsmedizin Berlin und dem MDC. Die Forscherin und Ärztin hat an zwei Podiumsdiskussionen teilgenommen: „Mir ist es ein wichtiges Anliegen, das Thema Gentherapie bei Muskelkrankheiten in der Öffentlichkeit zu diskutieren. Ich möchte sehr genau erklären, was wir tun, und zwar so, dass es verständlich ist“, sagt sie.

Auf dem Podium ging es nicht nur um Fachthemen. Personen aus verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen – Politik, Industrie, medizinische Versorgung, Wissenschaft – sprachen miteinander unter anderem darüber, welche Rolle Berlin zukünftig in der Spitzenforschung haben wird. Wie spannend das sein kann, erlebte Stefanie Mahler vom German Stem Cell Network (GSCN). Sie war Zuhörerin bei der Podiumsdiskussion zum Thema Zelltherapien am 1. Juli, an der neben Simone Spuler auch MDC-Forscher Professor Nikolaus Rajewsky beteiligt war. Der Systembiologe entwarf die Vision von Berlin als Zentrum der Zelltherapie, das Magnetwirkung auf exzellente Wissenschaftler*innen aus anderen Disziplinen entfalten könne. Mit auf dem Podium saßen der Vorstandvorsitzende des Berlin Institute of Health (BIH), Professor Christopher Baum, und Dr. Stefan Frank von der Bayer AG. Sie brachten die Perspektiven aus Wissenschaftspolitik und Industrieforschung ein. „Da passiert gerade richtig viel, es herrscht Aufbruchsstimmung“, sagt Stefanie Mahler nach der Debatte.

Auch gefragt: Informationen zur Ausbildung am MDC

Inga Patarčić, die inzwischen in der Kommunikationsabteilung arbeitet, ist erfahren in der öffentlichen Wissenschaftsvermittlung. Sie kennt die Lange Nacht der Wissenschaften gut, an der sich das MDC seit vielen Jahren beteiligt. „Es ist schon etwas anderes, Wissenschaft mitten in der Stadt zu präsentieren als draußen in Buch“, sagt sie. Auf den Campus kämen vor allem Menschen, die bereits ein starkes Interesse an Wissenschaft hätten oder erleben wollten, wie Freunde oder Verwandte am MDC arbeiten. In die „Wissensstadt Berlin“ am Roten Rathaus gerieten die meisten Leute zufällig, und viele von ihnen, so Patarčićs Beobachtung, hätten in ihrem Alltag nichts mit Forschung zu tun. Am Aktionsstand gelandet, seien manche Besucherinnen und Besucher dann besonders an beruflichen Perspektiven am MDC interessiert. Wie passend, dass dort nicht nur über Wissenschaft informiert wird, sondern auch Flyer mit Informationen zur Ausbildung am MDC ausliegen und Forscher*innen über ihren Weg in die Biomedizin erzählen.

Text: Wiebke Peters

Die Ausstellung der „Wissensstadt Berlin“ auf dem Platz vor dem Roten Rathaus, bei der das MDC über die Chancen der zellbasierten Medizin informiert, ist noch bis 22. August 2021 zu sehen.

Programm des MDC / Wissensstadt Berlin

Wissensstadt Berlin 2021

Quelle: PM des MDC vom 20. Juli 2021

Der Herr der Ringe – Anton Henssen

Gemeinsame Pressemitteilung von MDC, Charité und BIH anlässlich des Weltkrebstages am 4. Februar

Für die Erforschung ringförmiger DNA und deren Bedeutung bei der Entstehung kindlicher Neuroblastome ist Anton Henssen vom ECRC mit dem Preis der Kind-Philipp-Stiftung für pädiatrisch-onkologische Forschung ausgezeichnet worden. Entscheidend dafür war eine Publikation im Fachblatt „Nature Genetics“.

Krebs ist eigentlich eine typische Alterserkrankung. Im Laufe des Lebens sammeln sich in den Zellen des Körpers Veränderungen im Erbgut an, die zunehmend schlechter repariert werden. Und irgendwann ist der Punkt erreicht, an dem eine Zelle aufgrund der Mutationen anfängt, unkontrolliert zu wachsen und sich zu vermehren.

Anton G. Henssen
© Linda Ambrosius

Warum auch schon Kinder an Krebs erkranken, ist eine Frage, die PD Dr. Anton Henssen seit Längerem beschäftigt. Der 35-Jährige ist Wissenschaftler am Experimental and Clinical Research Center (ECRC), einer gemeinsamen Einrichtung der Charité – Universitätsmedizin Berlin und des Max-Delbrück-Centrums für Molekulare Medizin in der Helmholtz-Gemeinschaft (MDC). Seit 2019 leitet er auf dem Campus Berlin-Buch die Emmy-Noether-Forschungsgruppe „Genomische Instabilität bei kindlichen Tumoren“.

Interesse an zirkulärer DNA ist neu

Erst im vergangenen September erhielt Henssen für seine Forschung einen der begehrten Starting Grants des European Research Council (ERC). Für das Projekt „CancerCirculome“ stellt der ERC Henssen in den kommenden fünf Jahren rund 1,5 Millionen Euro zur Verfügung. „Die Bedeutung zirkulärer DNA bei der Entstehung von Krebs rückt immer mehr in das Zentrum des wissenschaftlichen Interesses“, sagt Henssen. Das sei, als er begonnen habe, sich für das Thema zu begeistern, noch ganz anders gewesen.

„Auch deshalb freue ich mich jetzt sehr über den Preis der Kind-Philipp-Stiftung für pädiatrisch-onkologische Forschung“, sagt Henssen, der neben seiner Arbeit als Wissenschaftler auch als Kinderarzt an der Klinik für Pädiatrie mit Schwerpunkt Onkologie und Hämatologie der Charité praktiziert. „Die Auszeichnung ist hierzulande eine der bedeutendsten auf dem Gebiet der Kinderonkologie.“

Winzige Ringe bringen Erbgut durcheinander

Leider werde die Preisverleihung aufgrund der Corona-Pandemie erst irgendwann im Laufe des Jahres stattfinden, sagt Henssen. Das Preisgeld von 10.000 Euro habe ihm die Stiftung aber bereits überwiesen. „Wenn die aktuelle Krise vorüber ist, werde ich mit meiner Arbeitsgruppe, ohne die ich den Preis niemals bekommen hätte, ganz groß feiern gehen“, sagt Henssen, der auch am Clinician Scientist Program des Berlin Institute of Health (BIH) und der Charité teilnimmt und darüber hinaus wissenschaftliches Mitglied im Deutschen Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK) am Standort Berlin ist.

Mit dem Kind-Philipp-Preis wird einmal im Jahr die beste Arbeit deutschsprachiger Autor*innen zur Erforschung von Krebs bei Kindern ausgezeichnet. Prämiert hat die Stiftung dieses Mal eine Studie, die 2020 im Fachblatt „Nature Genetics“ erschienen ist. Zusammen mit Dr. Richard Koche vom Memorial Sloan Kettering Cancer Center in New York, Prof. Dr. Angelika Eggert, Direktorin der Klinik für Pädiatrie mit Schwerpunkt Onkologie und Hämatologie der Charité, sowie 35 weiteren Forscher*innen hat Henssen in der Publikation gezeigt, dass kleine DNA-Ringe in Nervenzellen von Kindern das Erbgut so durcheinanderbringen können, dass sich ein Neuroblastom entwickelt.

Wachstum des Neuroblastoms beschleunigt

Das Team hatte für die Studie Gewebeproben von 93 Kindern mit einem Neuroblastom untersucht. Dabei stellte die Gruppe fest, dass zirkuläre DNA in den Tumorzellen deutlich häufiger und in größerer Komplexität zu finden ist als bis dahin angenommen. Zusätzlich konnten die Wissenschaftler*innen anhand ihrer Daten ableiten, wie sich bestimmte Abschnitte der Erbinformation aus einem Chromosom herauslösen, Ringe bilden und sich anschließend an anderer Stelle des Chromosoms wieder einbauen. „Da dabei die ursprüngliche Abfolge der Erbinformation durcheinandergebracht wird, können die betroffenen Zellen leicht entarten“, erklärt Henssen.

Gemeinsam mit seinem Team zeigte der Forscher zudem, dass bestimmte DNA-Ringe das Wachstum von Neuroblastomen beschleunigen. Deren Nachweis könnte es künftig erleichtern, den Krankheitsverlauf der Kinder besser einzuschätzen. Henssens nächstes Ziel ist es nun, das zirkuläre Erbgut genau zu sequenzieren und jene Faktoren zu identifizieren, die das Entstehen und die Vermehrung der Ringe überhaupt erst ermöglichen.

So hofft der Forscher und Arzt, seinen kleinen Patient*innen an der Charité in Zukunft noch besser als bisher helfen zu können. „Wenn wir Marker für eine bessere Diagnose und Prognose entwickeln“, sagt Henssen, „werden wir in der Lage sein, den krebskranken Kindern und ihren Eltern eine sehr viel individuellere und damit vermutlich auch effektivere Therapie anzubieten.“

Text: Anke Brodmerkel

Quelle: PM 26. 01. 20201

Porträt Anton Henssen

AG Henssen

Berlin Institute of Health

Das Informationsportal zu Krebs- und Bluterkrankungen bei Kindern und Jugendlichen

Gold für den tiefen Blick ins Herz

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Von Anke Brodmerkel, MDC
Jeanette Schulz-Menger hat die Goldmedaille der Society for Cardiovascular Magnetic Resonance erhalten. Sie habe viel dazu beigetragen, die kardiovaskuläre Magnetresonanztomographie weiterzuentwickeln, begründet die Jury die Entscheidung. Auch lobte sie das Wissen und die Kreativität der Forscherin.

Die diesjährige Auszeichnung der internationalen Society for Cardiovascular Magnetic Resonance (SCMR) geht an zwei Forschende: Neben Professorin Schulz-Menger, Leiterin der Arbeitsgruppe Kardiale MRT am Experimental and Clinical Research Center (ECRC ), einer gemeinsamen Einrichtung des MDC und der Charité – Universitätsmedizin Berlin,  sowie Leiterin der nichtinvasiven kardiologischen Bildgebung am Helios Klinikum Berlin-Buch, wurde der US-Amerikaner Dr. Peter Kellman vom National Heart, Lung, and Blood Institute mit der Goldmedaille geehrt. Der Preis habe sie überrascht, aber sie freue sich natürlich sehr, sagt Schulz-Menger. „Mein gesamtes Team ist nun noch motivierter als bisher und es ist eine Auszeichnung für uns alle.“

Prof. Jeanette Schulz-Menger hat die Goldmedaille der Society for Cardiovascular Magnetic Resonance erhalten.
© David Ausserhofer/MDC
 

Hervorgehoben wurde zum einen das Engagement Schulz-Mengers für das weltweite Renommee der SCMR. Im Jahr 2013 war die Berliner Kardiologin beispielsweise für das wissenschaftliche Programm des Treffens der Fachgesellschaft verantwortlich. 2016 und 2017 war sie – als erste Frau und eine der wenigen Europäer*innen – Präsidentin der SCMR. Explizit genannt wurde zudem ihre 2013 veröffentlichte SCMR-Publikation „Standardized Image Interpretation and Post-Processing in Cardiovascular Magnetic Resonance“.

Zum anderen würdigte die weltgrößte CMR-Gesellschaft mit ihrer Auszeichnung die Verdienste Schulz-Mengers bei der Etablierung der noch jungen Methode der kardiovaskulären Magnetresonanztomographie. „Tatsächlich ist es uns in relativ kurzer Zeit gelungen, das Verfahren aus der experimentellen Phase in die klinische Routine und in die Leitlinien zu bringen“, sagt Schulz-Menger. „Daran hätte ich zu Beginn unserer Forschungsarbeit in den Neunzigerjahren kaum zu denken gewagt.“

In vielen Kliniken ist das Verfahren schon Routine

Zu verdanken sei das der guten Zusammenarbeit von Expertinnen und Experten der Kardiologie sowie der Physik, Informatik und Mathematik, betont Schulz-Menger. Gemeinsam habe man stets sowohl die Grundlagenforschung als auch die klinische Arbeit im Blick gehabt. „Wir kooperieren viel mit dem Helios Klinikum Berlin-Buch und natürlich mit der Charité, wodurch sich unsere Forschung meist rasch klinisch umsetzen lässt“, sagt Schulz-Menger. „Wesentlich war zudem die exzellente Zusammenarbeit mit der Industrie.“

Inzwischen nutzen viele kardiologische Kliniken weltweit das Verfahren, um Schäden des Herzmuskels zu diagnostizieren. „Wir können per CMR zum Beispiel unterscheiden, ob es sich um einen akuten oder chronischen Schaden des Herzmuskels handelt, ob Narben oder diffuse Fibrosen, also Verhärtungen des Gewebes, vorhanden sind oder ob sich Wassereinlagerungen erkennen lassen“, erläutert Schulz-Menger. Zudem könne man per CMR auf schonende Art und Weise und daher auch bei ganz kleinen Patient*innen herausfinden, ob bei einer systemischen Erkrankung – das heißt einer Krankheit, die sich auf das gesamte Organsystem auswirken kann – das Herz beteiligt sei.

Forschung mit Hochleistungsgeräten

Derzeit arbeitet die ECRC-Forscherin an mehreren Projekten. Zum einen möchte sie gemeinsam mit ihrem Team den Blutfluss durch die Gefäße sichtbar machen. Dazu arbeiten sie und ihre Kolleg*innen mit Hochleistungsgeräten, die eine Feldstärke bis zu 7 Tesla aufweisen. Zum anderen möchte Schulz-Menger Herzmuskelschäden, wie sie zum Beispiel durch Chemotherapien in der Krebsbehandlung oder bei Muskeldystrophien entstehen, genauer untersuchen. Das ECRC, sagt sie, biete ihr zum Glück viel Raum und Zeit für eine anwendungsnahe Forschung, die meist schnell bei den Patient*innen lande.

(Quelle: PM des MDC vom 18.03.2020

Arbeitsgruppe von Prof. Schulz-Menger

Klinische Forschung am ECRC